Kinostarts


ROTER HIMMEL (2023)

Petzold erzählt von der Liebe

Bild: © Piffl Medien GmbH

Vier junge Menschen treffen in einem Ferienhaus an der Ostsee aufeinander. Der Sommer ist heiß, die Ostsee lockt mit Abkühlung, doch der Schriftsteller Leon versagt sich jeden Spaß. Er muss arbeiten. Obwohl er schon ein Auge auf die junge Nadia geworfen hat.

Aber sein Lektor hat sich angekündigt und durchblicken lassen, dass er Leons Manuskript nicht gut findet. Über allem droht ein Waldbrand, der sich unablässig zur Küste vor frisst und auch das Haus der Vier bedroht.

 

Christian Petzold präsentiert uns in ROTER HIMMEL nicht nur den gequälten und sich selbst manipulierenden Künstler, sondern schafft es, Liebe und Zuneigung in vielen verschiedenen Facetten in einem außergewöhnlichen Setting zu zeigen. Denn auch wenn das gefährliche Feuer die vier Protagonist*innen immer mehr bedroht, so inszeniert der Film die kleinen und großen Funken zwischen den Figuren doch sehr bedacht und sensibel, auch wenn sie nicht immer mit Zueignung gleichzusetzen sind. Dem Zuschauenden wird schnell klar, dass hier nichts dem Zufall überlassen ist. Jede Geste, jedes Wort, jeder Blick hat hier seinen auf den Millimeter genau bemessenen Platz. Ihre Bedeutungen offenbaren sich nur nach und nach. 

Leons Unfähigkeit, das Begehren und die Hitze des Sommers übertragen sich auf uns und so schauen wir mit den vier Protagonist*innen zusammen gebannt hoch in den bedrohlich roten Himmel.

Der Film erzählt von zufälligen Begegnungen, die mit jeder Filmminute schicksalhafter werden, von verpassten Chancen und neuen Lieben. Petzold schafft es auch hier - wie so oft  - die Zuschauenden teilhaben zu lassen an der atmosphärisch dichten Geschichte, die auch lange nach Verlassen des Kinosaales einen nicht loslässt, einer Liebesgeschichte, die lange im Gedächtnis bleibt.

 

Ab dem 20. April im Kino!

 

Regie: Christian Petzold

Deutschland/1h 42min.


THE ORDINARIES (2022)

Mehr als gewöhnlich!

Bild: © notsold Film

Die Welt von THE ORDINARIES ist etwas anders als unsere. Sie ist aufgeteilt in Haupt- und Nebenfiguren und Outtakes. Eine Nebenfigur hat nur begrenzte Dialogzeilen zur Verfügung und die Hauptfigur-sein ist alles. Natürlich! Diese kann sich frei bewegen und steht ganz oben in der gesellschaftlichen Rangliste.  So gut wie alles ist Filmkulisse und eine Apparatur fest verbaut mit dem Herzen der Personen spielt gefühlvolle Filmmusik ab. 

In dieser Welt hat die Protagonistin Paula die einmalige Chance, von einer Nebenfigur zur Hauptfigur aufzusteigen. Dafür arbeitet sie hart, doch mit dem Komponieren ihrer eigenen Filmmusik will es nicht so recht klappen. Mutig begibt sie sich auf die Suche nach ihrem Vater, denn der war auch Hauptfigur. Aber was sie auf ihrer Reise zu Tage fördert, könnte die ganze “Filmwelt” ins Wanken bringen.

 

Klingt alles erstmal ziemlich meta und ist es auch, es klingt aber auch nach einem wahr gewordenen Traum für Filmfans. Der Blick hinter die Kulissen ist freigelegt, kompromisslos, der behauptete Raum des Films enttarnt. Ein Film im Film im Film. THE ORDINARIES ist kein Making of. Der Film erlaubt uns den Schritt durch die Leinwand hindurch, während noch der Film läuft. Wer sich jetzt an den Film PLEASANTVILLE  von 1999 mit Toby Maguire und Reese Witherspoon erinnert fühlt, jaa so ähnlich, aber doch nicht ganz. Es geht hier vielmehr um den Blick auf den technischen Aspekt.

Was passiert eigentlich nach den Schnitten, zwischen ihnen? Was ist außerhalb des Blickfeldes der Kamera? Was machen eigentlich die Nebenfiguren, wenn ihr Satz aufgesagt ist? 

Der Regisseurin Sophie Linnenbaum hat sich selbst gefragt, wie es sich anfühlen muss, nicht im Bild zu sein.

Und eigentlich ist das ganze Setting auch nur ein Instrument, wie in jedem guten Film. Es geht um wichtige Themen, wie Vorurteile, Stigmatisierung, Fake News, Rechtspopulismus und den Blick auf die, die im Abseits leben.

Und doch muss ich mir am Ende die Frage stellen, für wen dieser Film eigentlich ist? Etwas zu sehr zelebriert THE ORDINARIES die Zwei-Klassengesellschaft und das Verteufeln von Unperfekten und Normabweichendem, dass es auch dem Letzten auffallen muss, dass das nicht richtig ist. Das ermüdet sich mit der Zeit und doch geht der Film tief rein mit Anspielungen und versteckten Hinweisen aus Film und Fernsehen. Und das ist verdammt lustig und da liegt vielleicht auch der Kern. Es ist alles etwas überdreht. Sophie Linnenbaum wollte keine ernste Geschichte erzählen. Davon gibt es schon genug. Mit Ernsthaftigkeit kommt man bei diesem Film nicht weit. Dieser erzählt eine absurde, aber auch spannende Geschichte mit einem überwältigenden Worldbuilding und einer geradezu übersprudelnde Liebe fürs Detail.

Auch wenn ich glaube, dass ein Film mit so vielen Metaebene nicht etwas für jeden ist, Ein bisschen Filmaffin sollte man schon sein, hat man mit THE ORDINARIES etwas faszinierendes auf zweierlei Hinsicht gewagt, einmal den Blick in den Film hinein und, was einem vielleicht nicht sofort bewusst wird, mehr Witz und Selbstironie fern ab von Tatort und Til Schweiger in den Deutschen Film zu bringen. THE ORDINAIRES, mehr als gewöhnlich.

 

Ab dem 30. März im Kino!

 

Regie: Sophie Linnenbaum

Deutschland/2h 04min.